Verwendete Bombentypen

Im Verlauf des Krieges änderte sich die Art der Abwurfmunition. Wurden zuerst vorwiegend Sprengbomben eingesetzt, so wurde später die zerstörerische Wirkung von Großbränden ausgenutzt. Stabbrand­bomben und Sprengbomben wurden gleichzeitig abgeworfen, was einerseits den entstehenden Feuern durch Trümmer­schutt genug Nahrung verschaffte, andererseits die Bekämpfung der Brände erschwerte, da Löschwasser­system und Rettungswege zerstört oder verschüttet wurden.

Titelblatt einer Broschüre
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zum Thema Luftschutz

Stabbrandbomben (Bild): Dies waren die am häufigsten eingesetzten Brandbomben. Es handelte sich hierbei um einen 56 cm langen, sechseckigen Metallkörper bestehend aus einer Thermit­füllung in einem Elektronmantel mit Zünder 1. Sie wurde bereits im Jahr 1918 erfunden, kam jedoch im 1. Weltkrieg nicht zum Einsatz. Anfangs wurden die Stabbrand­bomben eingesetzt, um bei Nacht das Ziel auszuleuchten. Bald jedoch wurde erkannt, dass es sich um einen billigen und hoch effektiven Brandsatz handelt, der große Brände entfachen konnte. Durch das bewusst gering gehaltene Gewicht – eine englische Stabbrand­bombe wog nur ca. 1,7 kg (4 lbs.) – wurden meist nur Dach­geschosse durchschlagen, wo der Brandsatz dann etwa 10-12 Minuten lang in einer grellweißen Flamme und unter großer Hitze (ca. 2500 Grad) abbrannte. Dabei wurde zuerst die Thermitfüllung entzündet, die später auch den Elektron­mantel entflammte. Zuletzt entstand so ein funken­sprühender Brandkuchen.
Einzelne Stabbrandbomben konnten in der ersten Zündphase noch per Hand (Bild) oder mit Zangen aus den Häusern geworfen werden. Auch war der anfangs verwendete Typ relativ ungefährlich durch rechtzeitige Sand­abdeckung neutralisierbar. Dies galt für die später verwendeten Stabbrand­bomben mit Zerleger­ladung nicht mehr, da diese kurz nach dem Aufschlag explodierten. Zu unterscheiden waren diese Stabbrand­bomben durch zwei Markierungsringe, die allerdings meist aufgrund der starken Rauch­entwicklung nicht gesehen werden konnten.
Stabbrandbomben besaßen einen hohen Wirkungsgrad und wurden besonders wirksam, wenn sie in großer Zahl abgeworfen wurden. Oft wurden sie daher gebündelt aus Bomben­schüttkästen (Small Bomb Containers) abgeworfen. Diese Masse an Bomben war dann kaum noch löschbar. Ein Lancaster-Bomber konnte maximal 14 dieser Container tragen, wobei jeder wiederum bis zu 236 Stabbrand­bomben fasste 2.

Die Flammstrahlbombe besaß eine zylindrische Form und wog ca. 13 kg bei einer Länge von 53 cm. Nachdem die Bomben an einem kleinen Fallschirm auf den Boden gesegelt waren, entflammte sich beim Aufschlag ein Brandsatz, der eine leicht brennbare Flüssigkeit im Inneren verdampfte und entzündete. Das im Behälter befindliche Gas schoss dann in einer vier bis fünf Meter langen Stichflamme heraus. Auch hier war es nur schwer möglich, diese Bombe zu bekämpfen.

Besonders berüchtigt sind auch heute noch die sog. Phosphor-Kanister, obwohl es sich dabei meist um Flüssigkeits­brandbomben handelte, die nicht alle Phosphor als Zünder verwendeten. Dieser Bombentyp wog je nach Konstruktion und Größenklasse 12,5–113 kg (250 lbs.) und war zumeist mit leicht brennbaren Flüssig­keiten (Petroleum, Benzol, Leicht­benzin) mit Zusätzen von Schweröl, Kautschuk und Kunstharzen gefüllt. Der Bomben­körper durchschlug oft nur das Dach und die ersten Zwischendecken und zerplatzte dann. Die Ladung wurde mit einem Zünder (z.T. eben auch Phosphor) entflammt und verbrannte mit starker und teilweise giftiger Rauch­entwicklung. Die Zusätze bewirkten, dass die brennende Masse auf jedem Untergrund kleben blieb. Das Löschen dieser Bomben war äußerst schwierig und gelang nur selten. Wurde Phosphor verwendet, so entzündete sich dieser an der Luft erneut von selbst.
Merkblatt über die “Bekämpfung von Phosphor-Kautschuk-Kanistern”


Minenbombe - sog. Cookie, 1800 kg (4000 lbs., HC)
Sprengbomben kamen in vielen Varianten zum Einsatz und besaßen in der Regel ein Gewicht bis zu 1,5 t. Die Bomben wurden klassifiziert nach dem prozentualen Verhältnis von Spreng­stoff­ladung zum Gesamt­gewicht (CWR = Charge-To-Weight-Ratio). Die drei gängigen Klassen waren dabei die “Allzweck”-Bomben (General Purpose, GP), mit einem CWR-Wert von 30-35 %, die Bomben mittlerer Kapazität (Medium Capacity, MC) mit einem CWR-Wert von 40-50 % und High-Capacity-Bomben, mit einem CWR-Wert von 75-80 %. Letztere waren also nurmehr dünn ummantelte Sprengstoff­tonnen. Dabei zerstörte ein Volltreffer nahezu jedes Gebäude. Auch Bunker­decken konnten durchschlagen werden, was in Braunschweig jedoch nicht der Fall war, obwohl mindestens sechs direkte Bunkertreffer zu verzeichnen waren (u.a. Bunker Kralenriede, Bunker Salzdahlumer Straße, Bunker Madamenweg). Ferner entstanden große Explosions­krater, wodurch Verkehrswege und Versorgungs­leitungen zerstört wurden. Eine besondere Form waren die sog. Minenbomben (einige wogen mehrere Tonnen und waren so groß wie eine Litfaßsäule, Bild), die fast ausschließlich durch ihre enormen Druckwellen wirkten. Selbst in mehreren hundert Metern Entfernung wurden noch Scheiben zertrümmert und Räume verwüstet. In bis zu 50 m Entfernung um den Detonations­punkt wurden Gebäude fast vollständig zerstört. Daher erhielten diese Bomben auch den Namen “Wohnblock­knacker” oder “Blockbuster”. Aufgrund des Aussehens wurde auch die Bezeichnung “Badeofen” verwendet. Hauptsächlich dienten diese Bomben dazu, Dachstühle freizulegen und so den Weg für die Brand­bomben zu ebnen.
Splitterbomben wirkten durch die Schäden der Splitter, die während der Explosion der Bombe entstanden und mit enormer Wucht sogar Stahlträger durchschlugen.
Verschiedene Zünderarten (Verzögerungszünder, Augenblickszünder) machten die Bomben unberechenbarer und ermöglichten verschiedene Verwendungen. Oft kam es noch Stunden nach dem eigentlichen Angriff zu Detonationen, die durch Verzögerungs­zünder ausgelöst wurden und Opfer unter den Bergungs- und Entschärfungstrupps forderten.

Im Verlauf des Krieges wurden die eingesetzten Bomben immer schwerer und gefährlicher. Zu Beginn des Krieges verwendete man in Großbritannien zumeist eine Standard-Bombe mit 51 kg (120 lbs.). Am 1. April 1941 wurden dann über Emden bereits die ersten “Wohnblock­knacker” mit 1800 kg (4000 lbs.) abgeworfen. Die immer schwerer werdenden Sprengbomben führten dazu, dass die ursprüngliche Decken­stärke der Luftschutzbunker von 1,40 m gegen Ende des Krieges nicht mehr ausreichte und vielerorts auf 2,00 m oder mehr hätte aufgestockt werden müssen, was freilich aufgrund der schlechten Versorgungslage (Stahl und Beton waren für zivile Projekte praktisch nicht mehr vorhanden) ausgeschlossen war.
Militärische Bunkerbauten besaßen noch stärkere Decken (bis 8 m) und wurden als Folge dessen auch mit schwersten Spezialbomben belegt. Diese wogen bis zu 10 t (siehe unten) oder wurden durch Raketen­triebsätze auf bis zu 730 m/s (doppelte Schall­geschwindigkeit) beschleunigt (amerikanische “Disney-Bombe”, 4500 lbs.). Sie durchschlugen dadurch nahezu alle Verbunkerungen und wurden u.a. zur Zerstörung der stark befestigten U-Boot-Bunker eingesetzt.

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Exkurs

Die englische Grand-Slam-Bombe

Abgesehen von den Atombomben dürfte es sich hierbei um die stärksten aus Flugzeugen abgeworfenen Bomben des Zweiten Weltkrieges handeln. Sie wogen knapp 10 Tonnen (9972 kg, 22000 lbs.) und wurden daher auch ehrfürchtig “Erdbeben-Bombe” genannt. Aufgrund ihres Gewichts und der enormen Abmessungen (Länge: 7,70 Meter, Durchmesser: 1,17 Meter) konnten sie nur von umgebauten Avro Lancaster-Bombern getragen werden (Lancaster B.Mk I mit vergrößertem Bombenschacht).
Entworfen wurde dieser Bombentyp, ebenso wie die kleinere “Tallboy”-Bombe (12000 lbs.), vom britischen Entwickler Dr. Barnes Wallis. Die Waffe war so konzipiert, dass sie vor der Detonation tief in das Ziel einschlagen würde (Deep Penetration, DP). Der Bomben­körper war stromlinienförmig und besaß Flügel, welche die Bombe während des Falls in eine schnelle Drehbewegung versetzten. Beim Aufprall hatte die Bombe die Schall­geschwindigkeit überschritten und so eine hohe Durchschlags­kraft. Der Sprengkopf war mit 4144 kg Torpex 3 gefüllt und explodierte nach kurzer Verzögerung, wenn sich die Bombe bereits tief in das Ziel gebohrt hatte. Bei einem Angriff wurde so der Rohbau des U-Boot-Bunkers “Valentin” in Bremen-Farge zerstört, nachdem zwei Grand-Slam-Bomben die sieben Meter starke Stahlbeton­decke durchdrungen hatten. Der Weiterbau musste daraufhin eingestellt werden.
Die Grand-Slam-Bombe wurde erstmals am 14. März 1945 gegen den Schildescher Eisenbahn-Viadukt bei Bielefeld eingesetzt. Hierbei machte man sich die im Erdreich weitergeleiteten Druckwellen der Bombe zunutze, die die gemauerten Brückenpfeiler auch ohne direkten Treffer auf einer Länge von 130 m zerstörten.
Insgesamt kam die Grand-Slam-Bombe 41 Mal zur Verwendung, von “Tallboy” wurden 854 abgeworfen.